18.12.2009
Master of Fine Arts, ZHdK


Wer ist Wo? In der Postproduktion des Alltäglichen

Eran Schaerf

 

„‚Aber es hätte auch wahr sein können’, sagte Hillary Clinton, Senatorin von New York, nachdem sich herausgestellt hatte, dass die fünf Männer aus Pakistan […] keineswegs versucht hatten, sich über die kanadische Grenze in die USA einzuschleichen. Sie hatten nie US-amerikanischen Boden betreten und sie waren auch keine Terroristen und ohnehin hatte sich alles nur im Kopf eines Mannes abgespielt, der seinen Lebensunterhalt mit dem Fälschen von Pässen verdient. Auf dem Höhepunkt der Suche nach den imaginären Nichtterroristen des professionellen Lügners beschuldigte Hillary Clinton Kanada, seine Grenzen seien zu nachlässig überwacht.“ „Im Kopf eines Mannes“ also fand die Geschichte statt. Sobald sie erzählt wurde, sobald von ihr berichtet wurde, rief sie eine Anzahl Möglichkeiten hervor, die offenbar bereit waren und auf ihre (Re-)Aktivierjung warteten. Wie eine automatisierte Version der antiken Gedächtniskunst wurde das Bild der Welt als jene Ansammlung von Territorien reaktiviert, die von illegalen Eindringlingen gefährdet ist, die immer dann vermutet werden, wenn eine Drohung mit einem Gesicht versehen werden soll. Einem Gesicht? Ja. Verkleidet in Sprache, die sich von Ungewissheit nicht abhalten lässt. Eher lässt sie sich vom Wunsch nach Ereignissen leiten – unter welchen Umständen auch immer. Das könnte eine Fiktion sein.

 

Eran Schaerf ist bildender Künstler. Seine Arbeiten bewegen sich zwischen Installation, Hörspiel und Film. Zahlreiche Ausstellungen, darunter: „Recasting“, 1997, „Scenario Data“, 1999,  „Mixed Marriage Accessoires“, 2002, „Letters From the Editor“, 2008. Hörspiele: „Wie gesagt. Theater- oder Taxistück“, 1997, „Die Stimme des Hörers“, 2001. Publications: „Öffentliche Pläne falten“, 1994, „Re-enactment“, 1996, „Listeners Voice“, 2001.

Gemeinsame Filme und Hörspiele mit Eva Meyer: „Wie gewohnt. Ein Versatzstück“, 1997, „Documentary Credit“, 1998, „Record: I love you“, 1999, „Europa von weitem“, 1999, „Flashforward“ 2004, „Sie könnte zu Ihnen gehören“, 2007, „Mein Gedächtnis beobachtet mich“, 2008. Publikation: „Gedächtnis zu Zweit. For the Performance of Europe“, 2000